Verwesung und Verwesungsstörungen

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Produktnummer: 8051
Kurzübersicht
Düren 2019, Shaker Verlag
Dirk Schoenen (Autor)
Produktinformationen "Verwesung und Verwesungsstörungen"

Die Verwesung steht in dem großen Kreislauf der Natur von „Kommen und Vergehen“. Pflanzen nehmen bei der Photosynthese Kohlendioxid und Wasser auf und bilden daraus Blätter, Früchte und Holz. Dabei wird Sauerstoff in die Atmosphäre abgegeben. Pflanzenfresser, Fleisch- und Aasfresser sowie Mikroorganismen — Bakterien und Pilze — nutzen das Pflanzenmaterial direkt oder das Gewebe von Tieren als Futter. Sie produzieren über ihren Stoffwechsel wieder Kohlendioxid und Wasser. So wird mit der Zeit das Gewebe von Menschen, Tieren und Pflanzen wieder vollständig abgebaut. In Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen kann der Gewebeabbau jedoch gestört werden und es bleiben Gewebereste von Menschen, Tieren oder auch Pflanzen erhalten. Gleichzeitig entsteht eine Vielzahl von wasserlöslichen und teils flüchtigen Abbauprodukten, die in höheren Konzentrationen für Mikroorganismen toxisch sind. Dieser Effekt wird als Autointoxikation bezeichnet. Wassermangel führt zur Mumifikation. Sauerstoffmangel verhindert den Abbau von langkettigen oder zyklischen Kohlenwasserstoffverbindungen wie Fettsäuren, Lipiden oder dem Lignin der Pflanzen. Es entstehen z. B. Fettwachsleichen (Adipocere), Moorbutter, Ölschiefer, Erdöl oder Kohle.

Können die Abbauprodukte auf Grund besonderer Umgebungsbedingungen nicht in die Umgebung entweichen, reichern sie sich im Gewebe an und führen durch Autointoxikation zur Hemmung des mikrobiellen Gewebeabbaus. Die Entstehung von menschlichen Geweberesten wird in der Rechtsmedizin als Faulleichen-Konservierung, in der Anthropologie als Feuchtekonservierung bezeichnet.

Fossilien von Tieren und Pflanzen, die vor Jahrmillionen gelebt haben, und am Grund von Kraterseen wie z. B. der Grube Messel gefunden werden, sind auch durch Autointoxikation entstanden. Die Umstände, die zur Anreicherung von Abbauprodukten bei menschlichen Leichen führen und sich bereits nach wenigen Jahren zeigen, sind im Prinzip die gleichen, die zur Entstehung von Fossilien geführt haben. Entscheidend dafür ist, dass kein Stoffaustausch zwischen der menschlichen Leiche oder auch dem später gefundenen Fossil und der Umgebung stattfinden konnte und dies bereits unmittelbar nach Eintritt des Todes. Für die Entstehung der Fossilien sind nicht die Verhältnisse nach Jahrmillionen maßgebend.

Die Anreicherung von Abbauprodukten führt nicht nur zur Bildung von fossilen Geweberesten, sondern in Folge der Überschreitung des Löslichkeitsproduktes auch zur Entstehung von lithifizierten Gewebeabdrucken.

Leder, das Kollagen der Haut, wird beim Gerben mit Gerbsäuren (Huminsäuren) haltbar gemacht. Der gleiche Effekt zeigt sich auch bei den fossilen Geweberesten aus der Braunkohle im Geiseltal. Die Sphagnumsäuren der Torfmoose in Hochmooren, die den Huminsäuren chemisch entsprechen, konservieren das Kollagen der Haut und des Bindegewebes und führen so zur Entstehung von Moorleichen.

Zusatzinformationen

ISBN: 978-3-8440-6874-0
Mediendetails: 184 Seiten, 11 Abbildungen